9. Juli 2025 Dr. Tobias Hillegeist

Kündigung per Hausbriefkasten

In seinem Urteil vom 20. Juni 2024 (2 AZR 213/23) hat das BAG sich mit der praxisrelevanten Frage auseinandergesetzt, zu welchem Zeitpunkt von dem Zugang eines Kündigungsschreibens auszugehen ist, das in den Hausbriefkasten geworfen wird.

Die Orientierungssätze der Richterinnen und Richter lauten wie folgt:

  1. Der Einwurf eines Kündigungsschreibens in den Hausbriefkasten bewirkt dessen Zugang beim Empfänger, sobald nach der Verkehrsanschauung mit der nächsten Entnahme zu rechnen ist.
  2. Die Annahme einer Verkehrsanschauung, bei Hausbriefkästen sei im Allgemeinen mit einer Leerung unmittelbar nach Abschluss der üblichen Postzustellzeiten zu rechnen, die allerdings stark variieren können, ist revisionsrechtlich nicht zu beanstanden.
  3. Der Beweis des ersten Anscheins greift bei typischen Geschehensabläufen ein, also in Fällen, in denen ein bestimmter Sachverhalt feststeht, der nach der allgemeinen Lebenserfahrung auf eine bestimmte Ursache oder auf einen bestimmten Ablauf als maßgeblich für den Eintritt eines bestimmten Erfolgs hinweist.
  4. Ein Anscheinsbeweis wird dadurch erschüttert, dass der Prozessgegner atypische Umstände des Einzelfalls darlegt und im Fall des Bestreitens Tatsachen nachweist, die die ernsthafte, ebenfalls in Betracht kommende Möglichkeit eines abweichenden Geschehensablaufs nahelegen.